Im Buchdruckerhandwerk ist es seit dem 16. Jahrhundert Brauch, Lehrlinge nach bestandener Abschlussprüfung mit einer Zeremonie in den Berufsstand aufzunehmen.
Auch bei Reimann & Co. wurde dieser Brauch gepflegt. Während einer Freisprechungszeremonie wurde ein Lehrling nach bestandener Abschlussprüfung in einer Bütte (in diesem Fall in einer alten Badewanne) untergetaucht und auf einen nassen Schwamm gesetzt. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet der Begriff „Gautschen“ den ersten Entwässerungsschritt nach dem Schöpfen des Papiers, das Ablegen des frisch geschöpften Papierbogens vom Sieb auf eine Filzunterlage.
Zu einem Gautschakt gehören neben dem Gäutschling (auch „Kornut“ genannt) der Gautschmeister, der erste und zweite Packer sowie der Schwammhalter. Meist gibt es noch eine unterschiedliche Zahl an Zeugen oder mehrere Packer, die auch auf dem Gautschbrief ihre Anwesenheit durch Unterschrift bekunden. Nass geht es auch heute noch zu, wenn gegautscht wird. Aber nicht nur der Täufling wird nass, sondern oft auch die Packer, Zuschauer und auch Ehrengäutschlinge, welche vorher nichts von ihrem „Glück“ wissen.
Dem Lehrling wird nicht mitgeteilt, wann genau er gegautscht wird. Gelingt es ihm nämlich, den Packern und somit dem Gautschen zu entfliehen, muss er das Gautschfest nicht selber bezahlen. Auf den Ruf des Gautschmeisters „Packt an!“ wird der Jünger gefasst, in eine mit Wasser gefüllte Bütte oder, wenn die Beteiligten es weniger drastisch gestalten wollen, auf einen mit Wasser durchtränkten Schwamm gesetzt. Bei manchen Druckereien wird zur Taufe ein in der Nähe des Betriebes liegender Brunnen herangezogen. Jedenfalls muss zumindest dafür gesorgt werden, dass das Hinterteil gehörig angefeuchtet wird. Da aber der Jünger sich oft tapfer wehrt, um sich schlägt und beißt, gelingt das Anpacken oft nicht immer auf den ersten Angriff. Je mehr er sich wehrt, desto mehr wird er auch noch von oben herab begossen, sodass der Jünger am ganzen Körper pudelnass wird. Gelegentlich wird das Gautschen als symbolische Maßnahme betrachtet, um angeblich die schlechten Gewohnheiten aus der Lehrzeit abzuwaschen.
Quelle: Wikipedia
Szenen einer Gautschfeier im Betriebshof der Reimann’schen Druckerei in der Hohe Straße 60, Ende der 1960er Jahre: